Gültigkeit & Rechtliches
Ja. Der Ausweis hat die uneingeschränkte Rechtsverbindlichkeit und Beweissicherheit einer Betäubungsmittel ausweisenden Bescheinigung nach § 29 BtMG. Das heißt, er weist alle spezifischen Informationen auf, welche von den Gerichten gefordert werden. Entscheidend ist hier auch die Unterschrift des Arztes. Jedes einzelne verordnete Präparat muss ärztlich quittiert werden und Eintragungen können nur durch einen Arzt vorgenommen werden.
Siehe hierzu auch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 19.05.2022 – 4 L 455/22.KO (PDF, 320 KB). In diesem wurde dem Patienten die Fahrerlaubnis entzogen, da er eine ärztliche Bescheinigung mit Informationen vorgelegt hatte, welche aus Sicht des Gerichts unzureichend waren. Nach den Angaben der Urteilsbegründung hätte der Informationsgehalt äquivalent zu dem des ADHS-Ausweises ausgereicht, um die medizinischen Angaben des Patienten glaubhaft zu belegen (siehe S. 7).
Nein. Leider besteht diese Option in Deutschland, Österreich und in der Schweiz nicht. Das hat den Grund, dass ausgestellte Betäubungsmittelrezepte nicht beim Patienten verbleiben dürfen, sondern in der Apotheke eingereicht werden müssen. Sie erhalten diese nicht zurück. Ab 2025 werden im Zuge des E-Rezepts zudem keine physischen Rezepte mehr ausgegeben.
Fotokopien eines Betäubungsmittelrezepts haben rechtlich keinerlei Beweiswert (§ 416 ZPO) und bergen in Deutschland zudem das Risiko von heraufbeschworenen Ermittlungsverfahren aufgrund einer vermeintlichen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) oder eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (§ 29 BtMG).
Durch das ab 2024 bundesweit verbindliche E-Rezept wird die aktuelle Sachlage für Patienten nicht beeinflusst, da In- und Ausländische Behörden nicht mit einer entsprechenden Decodierungstechnik ausgestattet sind, mit der sie die elektronischen Rezepte lesen könnten. Die Empfehlung für eine Ausweisbarkeit von mitgeführten oder eingenommenen Betäubungsmitteln bleibt daher bestehen.
Ausschließlich Ihr behandelnder/verschreibender Arzt darf den Ausweis unterzeichnen. Wir müssen darüber hinaus darauf hinweisen, dass ein Ausfüllen, Verändern oder Quittieren durch andere Personen eine empfindlich strafbewehrte Urkundenfälschung nach § 264 StGB darstellt und daher nicht unternommen werden sollte.
Ja. Der Ausweis ist grundsätzlich für alle ADHS-Diagnosen einsatzfähig. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein vorwiegend unaufmerksamer Subtyp (umgangssprachlich „ADS“), ein Mischtyp oder ein vorwiegend hyperaktiver Subtyp diagnostiziert wurde.
Einsatz in der Praxis
Wenn Sie versäumt haben, einen Termin für Folgerezepte zu vereinbaren und Ihre Medikamente fast aufgebraucht sind, können Sie sich problemlos in einer Vertretungspraxis oder -Klinik vorstellen und um eine Ersatzverschreibung bitten. Die meisten Ärzt:innen kommen dieser Bitte unter Vorlage des ADHS-Ausweises nach, auch ohne, dass empfindliche datenschutzrelevante Diagnoseberichte eingereicht werden müssen.
Kurz: Wir raten zum Schweigen, solange keine zwangsweise Blutentnahme nach § 81a StPO n.F. angedroht wird.
Als Bürger:in der Bundesrepublik Deutschland sind Sie nicht dazu verpflichtet, bei einer polizeilichen Routinekontrolle beliebige Auskünfte über sich zu erteilen [1]. Sie sind lediglich verpflichtet, Angaben zu Ihren Personalien zu machen. Fragen, welche mitgeführte oder eingenommene Medikamente beinhalten, müssen Sie auch dann nicht beantworten, wenn Sie gezielt nach diesen gefragt werden. In der Regel ist auch davon abzuraten, freiwillig Auskunft zu erteilen, da dies das Risiko beinhaltet, sich unnötiger Weise dem Verdacht der Polizeibeamten auszusetzen. Dies können Sie vermeiden, indem Sie von Ihrem Recht Gebrauch machen, zu schweigen.
Anders sieht es aus, wenn sich durch Ihr Verhalten ein sogenannter „begründeter Verdacht“ ergibt, zum Beispiel durch eine besonders auffallende Nervosität während der Kontrolle, Wortkargheit, geweitete Pupillen, welche ggf. als Folge einer Stimulanzien-Einnahme auftreten können oder aufgrund sonstigen auffälligen Verhaltens [2]. In solchen Fällen kann das Vorlegen des Ausweises eine Unterstützung sein, um etwaige Zusammenhänge mit Ihren rechtmäßig mitgeführten, da ärztlich verordneten betäubungsmittelpflichtigen Arzneien sofort belegen und weiteren Komplikationen vorbeugen zu können. Ferner fühlt sich nicht jeder Patient wohl dabei, zu schweigen.
Wichtig: Seit dem 24.08.2017 existiert für Polizeibeamte die Befugnis, bei „begründetem Verdacht“ auch ohne richterlichen Beschluss eine Blutentnahme anzuordnen, bzw. zu erzwingen. Dies folgt aus einer Novellierung des § 81 a StPO. Die Mitnahme des Patienten auf das Revier sowie die dort zwangsweise durchgeführte Blutentnahme kann seither allein durch das Ermessen der Polizeibeamten erfolgen.
[1] Was darf die Polizei bei einer Personenkontrolle?. Anwaltsauskunft.de, 27. Juni 2018. Abgerufen: 15. Juni 2018.
Hinweise zu Beantragung und Ausstellung
Folgende Hinweise sollten bei der Eintragung der Medikamente unbedingt beachtet werden:
- Jedes einzelne Medikament muss mit seinem Handelsnamen (zum Beispiel „Medikinet adult“) eingetragen werden. Bitte keine Wirkstoffbezeichnungen wie „Methylphenidat“ eintragen, wenn ein vom Wirkstoff abweichender Handelsname gegeben ist. Polizist:innen reagieren häufig empfindlich verdächtigend, wenn sie Patient:innen mit Medikamenten antreffen, auf deren Verpackungen Handelsnamen wie „Medikinet adult“ oder „Ritalin“ zu lesen sind. Daher sollte die eingetragene Medikamentenbezeichnung dem Handelsnamen entsprechen. Gerade fachfremde Vertretungsärzte neigen zudem zu einer Verwechslung von beispielsweise zugelassenen mit nicht zugelassenen Medikamenten für das Erwachsenenalter. Hier muss es den jeweiligen Entscheidungsträgern leichtgemacht werden, einen direkten Abgleich zwischen Ausweis und Medikament machen zu können.
- Unter den vorgesehenen Feldern jeweils Dosis und Einnahmeanweisungen (z. B. 1-1-0 für morgens, mittags, abends) eintragen.
- Der Arzt unterzeichnet jedes Medikament einzeln in dem dafür vorgesehenen Feld.